6.-12. Oktober, Tag 190-196
PCT-km: 1923, gelaufen: 3428 km
Haben unsere erste Stretch durch Nord Kalifornien geschafft und sind nach ca. 185 km in Sierra City, einer Kleinstadt mit 225 Einwohnern, angekommen. Dort übernachten wir im Sierra Pines Resort und werden morgen nach Quincy aufbrechen. Für die 115 km planen wir 4 Tage ein. Dort ist dann wahrscheinlich für Olli leider Endstation, er würde von dort aus nach San Francisco fahren und am 21. Oktober nach Deutschland zurückfliegen, denn, selbst wenn er seinen Flug umbuchen würde, müssten wir am Tag über 40 km laufen um in Ashland zu finishen. Wir sind ab
er eher 25-30-km-Hiker, lassen uns einfach mehr Zeit. Zudem müsste man weniger gelaufene Kilometer von Nerodays (eine Übernachtung im Resupply-Ort, wo man auch Wäsche macht) auch noch auf volle Lauftage umlegen. Für Sabine geht's aber in jedem Fall weiter, sie könnte in etwa 3-4 Wochen in Ashland finishen - wenn das Wetter hält.
Doch zurück nach South Lake Tahoe ...
Unser letzter Tag in South Lake Tahoe war ganz besonders! Sind früh aufgestanden, um noch vor dem Gottesdienst um 10 Uhr in Bert's Cafe zu frühstücken. Kamen letztlich einige Minuten später
in der Hope Lutheran Church an, da wir im Cafe 20 Minuten auf einen Platz warten mussten. Doch die haben sich gelohnt, das Frühstück war fantastisch!
Kris, den wir am Vorabend in der Weinbar am Flügel gehört hatten, begleitete wiederum am Flügek die Lieder, die während des Gottesdienstes gesungen wurden. Im Anschluss gab es ein kleines Beisammensein im Gemeinschaftsraum der Kirche mit Sandwiches, Eiern, Kuchen und Kaffee. Dort erfuhren wir auch, dass Kris Geburtstag hatte! Sabine hat noch ein interessantes Interview mit der Pastorin Diana Turner geführt, die wohl einzige Pastorin mit Tättowierungen ;-)
Kris wollte uns danach noch die Stelle zeigen, wo bis vor 13 Jahren sein Haus, das samt Flügel (Marke Seiler) einem Waldbrand zum Opfer fiel, gestanden hatte. Von dort hatte man einen
großartigen Blick auf das unten gelegene Tal. Eines Tages wird er dort ein neues Haus bauen ...
Er zeigte uns nach einem kurzen Spaziergang zudem seinen absoluten Lieblingsplatz, von dem aus man den wunderschönen Fallen Leaf Lake sehen konnte (Der Legende nach glaubten die Indianer
daran, dass dort, wo die Blätter zu Boden gefallen waren, ein See gebildet wurde). Der Abschluss unseres spontanen Tages mit Kris war der Besuch des Oktoberfestes (!) mit Bratwurst,
Sauerkraut und Weizenbier (also, was die Amerikaner darunter verstehen). Kris war so nett, uns dann zurück zu Gails Wohnung zu fahren. Im nahegelegenen Raley's Resupply gemacht (für 240
Dollar!) und anschließend gepackt. Wurden dann am Abend, es war bereits dunkel, von Clarice und Justin zum Trailhead gefahren. Sind dann noch etwas mehr als 8 km gelaufen (es galt in dieser
Stretch ein Übernachtungsverbot) bevor wir gegen später Stunde unser Zelt aufgebaut haben.
Es war so spät geworden, dass wir am nächsten Morgen erst gegen 12 Uhr losgekommen sind. Bemerkenswert war, dass die Luft einen leichten Feuergeruch hatte und der Himmel diesig war. Am Abend konnten wir dann bei Dunkelheit den Grund erkennen: ein Waldbrand wütete. Zum Glück ziemlich weit weg, doch irgendwie sehr bedrohlich (Sh. Bild).
Der Trail bewegte sich langsam in etwas niedrigeren Höhen, meist zwischen 2000 und 2500 m. Und das Schöne daran: Das Laufen wurde immer angenehmer, da der Weg weniger steinig war. Konnten dadurch schneller gehen und mehr Meilen machen. Und dabei die Füße schonen. Dabei haben allerdings Ollis Fußprobleme trotzdem zugenommen: Hühneraugen an beiden kleinen Zehen, eine unangenehme Druckstelle am linken Fußballen, sowie eine offene Wunde oben am linken Fuß, hervorgerufen durch eine ungünstige Naht am neuen Schuh, machten für ihn das Laufen trotzdem zu einer schmerzlichen Angelegenheit. Zudem kamen Knieprobleme dazu. Nun, Beine und Füße müssen noch ein paar Tage durchhalten!
Unangenehm war an einigen Tagen der extrem stürmische Wind, nachts wie am Tage. Das Zelt hielt dem glücklicherweise stand. Beim Laufen auf einer mehrere Kilometer langen Rim, Tinker Knob, wurden wir vom Wind fast den Abhang runtergeweht, konnten uns kaum auf den Füßen halten. Das war lebensgefährlich! Und dabei war es eiskalt. Erinnerte uns an den einen stürmischen Tag in Island vor einigen Jahren, der uns fast zum Verhängnis wurde.
Zum Essen hatten wir reichlich mit, fast schon zuviel (waren ja auch Lebensmittel im Werte von 240 Dollar). Bleibt dann für die nächste Stretch einiges übrig - auch gut, müssen dann weniger ausgeben, haben es allerdings geschleppt.
Auf dem Trail ging es recht einsam zu, wir trafen insgesamt auf 4 PCT-Hiker, drei davon southbound. Das Pärchen Dairy Queen (Trailname) und Kenny hatten sich auf dem Trail kennen- und liebengelernt, Yukon war alleine unterwegs. Animal (sein Trailname) lief wie wir northbound und hatte nur noch bis Old Station zu gehen, ca. 300 km. Die wollte er in einem durchgehen, hatte Essen für 10 Tage dabei. Wir überholten uns einige Male gegenseitig, da er sehr früh startete und wir spät aufhörten. Lustig!
Eine besondere Übernachtung hatten wir in der Peter Grubb Hut, die für Hiker offensteht und im Winter als Ski Lodge dient. Wir waren glücklicherweise die einzigen und verlebten dort einen sehr gemütlichen Abend bei einem wärmenden Kaminfeuer.
Hatten vor, beim Überqueren der Highway 50, die nahegelegene Donner Ski Ranch aufzusuchen, ein Restaurant, wo es u.a. Freibier für Hiker geben sollte. Doch die Enttäuschung war groß: Sie war geschlossen. Vom Eigentümer, der wenig später nach dem Rechten schaute, erfuhren wir den Grund: Der Strom wurde in großen Teilen von Nord Kalifornien abgeschaltet, da durch starke Winde (kannten wir schon) Gefahr für die Stromleitungen drohte. Seitdem im letzten Jahr bei einem solchen Vorfall ein komplettes Dorf dem Feuer zum Opfer fiel (Paradise mit 60 Toten), geht die Stromgesellschaft auf Nummer sicher. Dumm für uns, wir hatten uns auf ein gutes Essen samt Bier gefreut. Das Gute war: Wir hatten Empfang und konnten uns eine Cabin im Sierra Pines Resort in Sierra City, das noch 2 Tage entfernt vor uns lag, sichern. Wir erfuhren, dass der Store, wo für uns ein Päckchen mit neuen SD-Karten lag, sonntags und montags regulär geschlossen hatte und nun wegen des Stromausfalls nicht immer offen war. Wir hofften, dass der Store am Samstag wieder auf haben würde und beeilten uns, damit wir an dem Tag auf jeden Fall zu normalen Öffnungszeiten ankommen würden. Wegen des Päckchens und wegen des Resupply's. Allerdings hatte uns Cindy, Eigentümerin des Resorts, versprochen, das Päckchen sicherheitshalber abzuholen, was sie auch tat.
Und wir hatten Glück: Pünktlich zum Oktoberfest in Sierra City war der Strom wieder da und der Store hatte am Samstag, als wir ankamen geöffnet. So konnten wir auch neue Lebensmittel einkaufen. Auf dem Weg durch die Stadt wurden wir von einer einheimischen Familie, die ihr Haus direkt an der Hauptstraße hatte, auf ein Bier eingeladen. Marcia, Cathy und Food Locker (Trailname, hatte 2011 den PCT gemacht) wohnten erst seit drei Jahren in Sierra City. Und nach dem Einkauf in Larry's Store bekamen wir Apfelsaft von Ross und seinen beiden Söhnen Michael und Robert, die dort an einem Stand frisch gepressten Apfelsaft verkauft hatten und zusammenpackten. Ross' Familie hatte, wie so viele Familien, deutsche Vorfahren, die während der Goldrausch-Zeit ausgewandert waren. Auch Sierra City war einst eine solche Stadt. So gingen wir gestärkt zum Sierra Pines Resort, wo am Abend ein feines Dinner auf uns wartete.
Cindy war sehr hikerfreundlich: Sie war bereit unsere Wäsche privat zu waschen, da sich durch den Stromausfall die Resortwäsche angehäuft hatte und dadurch keine Resourcen mehr frei waren.