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99) 6.-14. Juli: Mt Jefferson & Timberline Lodge

6.-14. Juli, Tag 98-106

PCT: 3375 km, gelaufen: 1660 km

 

Sind nun seit dem 6. Juli von Bend aus unterwegs gewesen und haben von gestern auf heute in der Timberline Lodge übernachtet (hier fanden die Außenaufnahmen zu The Shining statt). Die Timberline Lodge liegt direkt unterhalb des Mt Hood, dem höchsten Gipfel Oregons. Der Mt Hood ist ein aktiver Vulkan und der weltweit am häufigsten bestiegene Gletscher-Gipfel (er umfasst 12 Gletscher laut Wikipedia, aber laut Führung vom Ranger vorhin nur noch 10 und er sagte: "Yes, global warming exists!"). Mt Hood ist 3245 m hoch und ihn umgibt ein ausgedehntes Skigebiet ...

 

Die Timberline Lodge ist übrigens das einzige Gebäude seiner Größe aus dem 20. Jahrhundert (1937 erbaut), welches von der Konstruktion und der Ausstattung her komplett von Hand errichtet wurde (Holz, Eisen, Textilien, Kacheln, Mosaiken und andere Kunsthandwerke lokaler Künstler, viele im Art Deco-Stil). Viele Gemälde stammen aus dem Erbauungsjahr, der Expressionismus ist unverkennbar. Das Logo der Timberline Lodge, das "snow goose"-Logo, geht zurück auf indianische Symbole, die das Jahr in Monden repräsentieren. Der berühmteste Mond ist der vom April, die "wild" oder "snow goose", welche als Wetterhahn auf dem Dach des Haupthauses benutzt wurde. Seit dem 50-jährigen Jubiläum der Timberline Lodge 1987 fungiert es als Logo.

 

In drei Tagen wollen wir Cascade Locks erreichen, das an der Grenze zu Washington liegt. Dann ist Oregon geschafft! Dort liegt übrigens auch die Bridge of the Gods, die über den Columbia River führt - die Stelle an der Cheryl Strayed, im Film "Wild" von Reeth Witherspoon dargestellt, den PCT beendete und ihren späteren Mann kennengelernt hat.

 

Auf dem Weg zur Timberline Lodge ging's nochmal ordentlich durch Schnee, denn den Mt Jefferson, der zweithöchste Berg Oregons, galt es noch zu überwinden. Da es aber mittlerweile genügend Footprints durch den Schnee gibt, gestaltete sich dies einfacher als gedacht, die Moskitos wurden auch etwas weniger. Schnee wird es erstmal nicht mehr geben - wie schön! Haben zwischendurch am Olallie Lake übernachtet, liegt quasi direkt am PCT, wo es einen kleinen Store geben sollte und die Aussicht auf guten Kaffee. Für Urlauber über eine Dirt Road zu erreichen. Das kleine Resort verfügte über einige sehr schnuckelige Hüttchen, die man lange im Voraus buchen musste. Strom hatten sie über Solarmodule. Daneben gelegen ein paar Zeltplätze mit Picnic Table, guten Feuerstellen und einer geräumigeren Pit Toilet als sonst, die sehr sauber war. Außen am Store gab es einen Wasserhahn mit Trinkwasser. Für PCT-Hiker waren die Plätze zudem gratis!  Der Laden war gut sortiert, und der Kaffee hervorragend, aber man konnte - selten in den USA - nicht mit Karte bezahlen und wir hatten nur noch 13 Dollars. Bei 2,50 pro Kaffee, Refill 1,50  und dem Wunsch, auch morgens noch Kaffee zu trinken und 2-3 Sächelchen nachzukaufen, zu wenig. Wie uns das Betreiberpärchen schmunzelnd erklärte, sei dies der mangelnden stabilen "Electricity" geschuldet und sie wollten auch keine Kartenzahlung: "That makes us different. We are sure in Timberline they accept credit cards." Ein kleines Trailregister verriet uns, dass Scratch und Gourmet (das Pärchen aus Kanada, das wir in Hiker Heaven/Agua Dulce/CA zum Hiken als Paar befragt hatten) vor fast zwei Wochen durchgekommen waren, sie müssen die Sierra ebenfalls geflippt haben, und dass Skittels und Beast (wo war Saviour abgeblieben?), die uns am Devils Peak/OR hilfreiche Spuren hinterlassen und die wir in Manzama Village interviewt hatten, eine Woche vor uns hier waren.

Es gibt unglaublich schnelle und konsequente Hiker ...

 

Ein ebensolcher war der erste "echte" Southbounder, den wir kurz vor Ladenschluss kennen lernten: Pavel, ein Russe, sichtlich erfreut, dass er noch Kaffee ("I love coffee!") und ein süßes (abgepacktes) Stückchen bekam. Er war am 1. Juni in Kanada gestartet und geht den PCT von Nord nach Süd, um so möglichst wenig Menschen zu begegnen. Im allgemeinen wird für diese Richtung ein Beginn Anfang Juli empfohlen! Wir hatten ein tolles und lustiges Interview mit Pavel. Er sprach von einem harten Winter in Washington, viel Schnee und Kälte, was er als Russe aber gewöhnt sei. Er macht den PCT zum Gedenken an seinen verstorbenen Vater. Einige Jahre vorher hatte er den höchsten Gipfel in seiner russischen Heimat bestiegen, um seiner verstorbenen Mutter näher zu sein! Am Ende schenkte er uns 5 Dollars und Beetle, ein Hiker, der die letzten Tage mit Skipper unterwegs war, Skipper war aber weiter gezogen, schenkte uns 10 Dollars. Kaffee und Einkäufe waren somit gesichert.

Kurz vor Pavel schneite Battle Plan herein. Wir hatten sie in Hikertown gesehen und über Mike "Downhill" von ihr gehört. Nomen est omen. Mehr als 25 Meilen täglich ... Sie zeigte uns, wie man mit einer Mülltüte und einem Haargummi eine Thermarestmatte aufgeblasen bekommt. Voll den Plan eben. Das abendliche Aufpusten kann schon nerven und einen je nach Tagesform schummrig machen, stärkt aber auch die Atmung vom Zwerchfell aus (für Sabines weitere Songambitionen nicht schlecht 😃).

 

Am Abend im Zeltbereich zwei amerikanische Hikerinnen, Rebecca und Symbria, kennengelernt. Außerdem die Brüder Jonathan und Daniel (hiken southbound durch Oregon), Santa, der mit seiner Frau im Wagen unterwegs war und deshalb viele Bierdosen dabei hatte, die er großzügig unter allen verteilte. Bei Bier und Chips mit Lagerfeuer im Rücken ging es sehr lustig zu. Am Morgen das französisches Geschwisterpaar Christian und Isabel beim exzellenten Kaffee vom Store kennengelernt und übern Tag noch einige Male getroffen und ausgetauscht. Christian ist Cartoonist und arbeitet in der Animationsbranche in Hollywood! Lebt in Los Angeles, während Isabel aus Lille/Frankreich angereist war.

Einen der schönsten Plätze fanden wir am Timothy Lake, eine Tentsite in einer kleinen Bucht, ganz "privat". Baden und Sonnenuntergang genießen, Lagerfeuer machen, leckeres Essen kochen. Ja, wir wissen wieder, deshalb sind wir unterwegs, wegen solcher, unerwarteter toller Stunden. Das "Lieblingsessen" schmeckt bald nicht mehr, wenn du es jeden Tag hast ... Die letzten zwei Wochen in Oregon haben uns mit diesem Staat und dem Trail wieder versöhnt. Die Begegnungen sowieso ♥️.

 

Mit dem Bus wollten wir von der Lodge aus nach Government Camp fahren, um Lebensmittel einzukaufen und ne Stunde später zurück. Den Bus haben wir verpasst, weil die ATM in der Lodge kein Geld ausspuckte, im Bus nur Barzahlung! Der Manager schenkte uns 5 Dollars, der Bus war aber schon weg. Kurzerhand aufm Parkplatz ein Auto angehalten und mit Vater und Sohn, die zusammen Klettern waren, runter gefahren. Wieder recht viel Geld beim Einkauf gelassen. Kirschen beim Straßenverkäufer gekauft. Mit dem Bus wieder hoch. Überraschung: Er war diesen Samstag und Sonntag gratis 😆. Etliche Paare in Anzug und Abendkleid fuhren mit, ein lustiger Kontrast. In der Lodge war eine Hochzeitsfeier, wie wir die Nacht über noch hören konnten. Vor unserem Dinner waren erst mal Pool, Spa und ein kurzer Saunagang dran.

 

Das Essen in Timberline ist übrigens vorzüglich, das beste, was wir bisher in den USA auf den Tisch bekommen haben, dabei local & fair und mit Pfiff. Viele der Zutaten kommen aus Oregon und Washington. Die Küchenchefs wiederum sollen österreichisch/deutscher Herkunft sein 😉. Sabines hatte "Alpine Spaetzle" mit Blumenkohl und Oregon Lamb. Die Spätzle waren Knopfspätzle mit einem Hauch Käse, etwas Bacon in kleinen Würfelchen, Häufchen von Dijonsenfkörnern drum herum und Apfelstiften. Großartig. Olli hatte "Danish Pork" mit Fenchel. Selten so gutes Schwein gegessen. Hatte natürlich seinen Preis. Mit zwei Glas Cabernet Sauvignon, Brot Butter, Gruß aus der Küche, einem Dessert (haben wir uns geteilt) und wirklich ausreichenden Portionen, schön angerichtet und sehr gutem, angenehmem Service dennoch mit 117 Dollars mehr als o.k. ... In den Staaten soll man dann noch zwischen 10-25 Prozent Trinkgeld geben, da der Grundlohn nicht so hoch ist. Wir pendeln uns mit Ausnahmen in beide Richtungen immer irgendwo in der Mitte ein. Das Frühstücksbuffet ist auf dem PCT bereits legendär, man spricht schon Meilen vor der Lodge davon. Rebecca und Symbria haben wir nachts an der Bar wiedergetroffen, sie waren abends angekommen, wobei wir sie vor uns wähnten. Doch auch sie waren am Timothy Lake hängen geblieben. Die Franzosen sind uns aber erstmal enteilt. Rebecca und Symbria wollten eigentlich bis Cascades Locks laufen, verbringen nun aber in Portland ihre letzten Tage. Rebecca hat wegen schwerem Rucksack ein dickes Fußgelenk und muss in wenigen Tagen wieder als Chemikerin bei einer Petroleumcompany in Alaska arbeiten, keine reine Laborarbeit, sondern Proben nehmen etc. Symbria, die Psychologie studiert und später wohl im Wildlifebereich arbeiten wird, muss ihren Hike für den Studienabschluss noch zu Papier bringen. Wir waren auf dem Weg ins Bett, als uns Nicolai, Russe, aber im Mt Hood Area wohnend, und Catherine überglücklich ansprachen: Er hatte ihr heute auf dem Berg einen Antrag gemacht und sie hatte ja gesagt. Das wollten sie unbedingt noch mit jemandem teilen ...

 

Wegen solcher Stopps wie der Crater Lake Lodge, der Timberline Lodge und einigen anderen Zero-Days mit gutem Essen geht der PCT so langsam ins Geld! In Cascade Locks werden wir wahrscheinlich nur einen Tag bleiben ...

 

 

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